Mensch und Wolf

Die Beziehung zwischen Menschen und Wölfen war schon immer voller Emotionen. Viele Völker in Nordeuropa und Nordamerika sahen im Wolf einen Gleichgesinnten. Sie lebten früher wie wir Wölfe heute noch von der Jagd und bewunderten, begehrten unsere Ausdauer und unser Geschick. Als übernatürliches Wesen und Beschützer wurden wir betrachtet und verehrt. Besonders die Krieger verglichen sich uns und nahmen unseren Namen an. Dagegen wurden wir Wölfe bei vielen sesshaften Völkern als Feind betrachtet, da wir Nutztiere “rauben”. So erworben wir uns den Fabelnamen als blutrüstigen Isegrim. Schon zu Christus Zeiten wurden wir verfolgt, besonders aber im Mittelalter. In vielen Gebieten ausgerottet und zurückgedrängt erholen sich Dank Schutzbemühungen in den letzten 50 Jahren unsere Bestände wieder. Jetzt geht es um Rehabilitation, um Wiedergutmachung, um eine neue Chance für die geächtete Art.

Gemeinsamkeiten?

So unterschiedlich wie ihr Menschen denkt sind wir gar nicht. Vergleichen wir doch mal:
Menschen und Wölfe leben in Gruppen. Ihr in Euren Familien (Vater + Mutter + Kinder) und wir in unseren Rudeln (Elternpaar + Jungwölfe + Welpen). Beide kümmern wir uns zärtlich um unsern Nachwuchs und wollen nur ihr Bestes, damit sie groß werden. Am Anfang sind es winzige Dinger, die voll und ganz auf uns angewiesen sind. Sie wachsen immer mehr und müssen viel von uns lernen, bis sie dann anfangen selbständig zu werden, sich langsam selbst versorgen können und sich schließlich von uns trennen um ihre eigene Familie zu bilden.
Wir müssen miteinander gut kommunizieren können, damit wir eine Einheit bilden. Nicht nur Menschen beherrschen dies, sondern auch wir Wölfe. Wir haben zwar keine Sprache wie ihr, dennoch können wir uns über ausdrucksvolle Minenspiele, Körpersignale, Geruchsinformationen und Lautäußerungen gut miteinander verständigen. Es gibt eine Rangordnung und den Führungsanspruch der Älteren, aber ab und zu auch die Auflehnung der Jüngeren gegen allzu viel Bestimmungen von oben. Es gibt Liebe und Fürsorge ebenso wie Wut und Eifersucht, unendlich viel Geduld und Nachsicht ebenso wie Sturheit und Feindschaft.
Die Größe eines Wolfrudels richtet sich nach dem Beutetier. Je größer und wehrhafter dies ist, desto mehr Jäger müssen dies gemeinsam bezwingen. Und bei Menschen? Richtet sich die Größe der Familie da nicht auch daran – im übertragenen Sinne also nach dem Arbeitsplatz und dem damit verbundenen Geld, von dem man sich die lebensnotwendigen Sachen kaufen kann?
Kommen Fremde, die wir nicht kennen, reagieren wir genau so skeptisch wir ihr. Nur ausgewählte Personen/Wölfe dürfen in unser Haus/Revier kommen. Alle anderen verjagen wir.
Um Überleben zu können müssen sowohl Menschen als auch wir uns zusammen organisieren. Ihr geht auf Arbeit und verdient Geld, währenddessen kümmern sich einige um Euere Kinder, bis ihr wieder kommt. Von dem Geld könnt ihr dann das was ihr zum Leben braucht einkaufen. Bei uns ist das ähnlich: Während wir auf Jagd gehen, bleibt einer bei den Welpen und kümmert sich um sie (meistens eine Jungwölfin, sie kann auch Milch produzieren). Um unseren Bauch, und den von den Kleinen, voll zu kriegen benötigen wir einen Plan und müssen uns zusammen organisieren. Einige müssen die Beute aufspüren und hetzen, andere im Hinterhalt lauern. Besonders erfahrene Jäger müssen dann als erste die Beute stellen, packen und festhalten, während andere das Opfer so lange verletzen, bis es schließlich umfällt und getötet werden kann.

Die Parallelen zwischen Wolfsrudel und Menschenfamilie sind erstaunlich. Meint ihr nicht auch, dass wir Euch vielleicht viel ähnlicher sind als ihr bisher gedacht habt? Euere nächsten Verwandten – die Menschenaffen – mögen euch optisch zwar ähnlicher erscheinen, doch dies sind keine Jäger, sondern fressen fast nur Pflanzen und bedürfen daher ganz anderer sozialer Umgangsformen.

Vorsicht Mensch! Wölfe in Gefahr

Neben Krankheit, Nahrungsmangel und Rivalitätskämpfen seid ihr Menschen die größte Bedrohung für uns Wölfe. Das wissen wir natürlich auch!

Nicht nur wenn wir Wölfe auf Wanderschaft sind und hunderte Kilometer laufen, auch bei den täglichen Routen durch das Revier müssen wir oftmals Straßen überqueren, was immer wieder tödlich enden kann. Deutschland hat mit über 600 000 km eines der dichtesten Straßennetze der Welt. Freuen würden wir uns da sehr über Wildbrücken. Diese sind bepflanzt und bieten mir und vielen anderen Wildtieren das sichere überqueren von Straßen.

Einige Menschen verbreiten über uns Wölfe leider immer noch Horrorstorys. Sie haben Angst vor uns, aber auch von Bären und Luchsen. Sie denken, wir würden Menschen fressen. Das stimmt aber alles nicht, denn wir bleiben immer auf Distanz und nehmen Euch auch nicht in unseren “Speisezettel” auf!  Wichtig ist es, Informationen über uns Wölfe und unser Leben aufzuklären. Also sagt allen Euern Freunden, Familien, Verwandten, Nachbarn und Facebook, dass wir nicht die Wölfe aus den Märchen sind, sondern heimische Wildtiere, die Euch nichts antun. Auf Exkursionen in der Wolfsregion oder bei Vorträgen kann man viele interessante Dinge über uns Wölfe erfahren und auch Ängste und Vorurteile abbauen.

Schutzstatus

Im Jahr 1990 wurden wir Wölfe in Deutschland unter Schutz gestellt und die Jagd auf uns verboten. Wir Wölfe sind nicht jagdbar und genießen auf Grund nationaler und internationaler Rechtsvorschriften innerhalb und außerhalb der europäischen Union strengsten Schutz (Washingtoner Artenschutzabkommen 1973). Die Tötung eines von uns wird daher als Straftat verfolgt.

Nach dem Bundesnaturschutzgesetz/Bundesartenschutzverordnung und der Berner Konvention gelten wir Wölfe aus streng geschützte Art, ebenso nach der Flora-Fauna-Habitatrichtlinie, die eine Ausweisung von Schutzgebieten notwendig macht.

Da wir hier früher heimisch waren, ist unser Schutz auf Grund gesetzlicher Verpflichtungen sicherzustellen. Dennoch ist es möglich, mit naturschutzbehördlicher Zustimmung, bei auftretenden Problemen eines Rowdys schnell und traurig zu reagieren.

www.Wölfe.info Martina Garz© 2011