Wie wir uns untereinander vertändigen
Wir Wölfe haben keine Sprache wie Menschen. Trotzdem können wir uns über ein ausdrucksvolles Minenspiel, Körpersignale, Geruchsinformationen und Lautäußerungen verständigen. Das ist sehr wichtig, denn immer wieder müssen wir gemeinsam entscheiden, ob wir etwa an einer Weggabelung nach links, nach rechts oder geradeaus laufen sollen, wer welche Rolle bei der Jagd übernimmt und wer sich mit wem in der Ranzzeit paaren darf. Wir können aber auch nur durch Bewegungen der Stirn-, Mund- und Ohrenmuskulatur sowie der Augen ganz genau vermitteln, wie wir fühlen und was wir wollen, und unser Artgenossen können entsprechend reagieren.
Die Körpersprache ist bei uns Wölfen besonders hoch entwickelt. Zwar geben wir auch Töne wie Knurren oder Winseln von uns, aber die Haltung unseres Körpers übermittelt die wichtigsten Informationen. Genauso ist es bei Hunden. Allerdings können nicht alle Hunde ihre Ohren so stark bewegen wie Wölfe, weil sie durch Zucht sehr klein sind oder hängen. So ist es besonders schlimm, dass bei manchen Hunden der Schwanz kupiert (kürzt) wird, nur weil es angeblich schöner aussieht. Kaum ein Körperteil kann beim Hund und beim Wolf mehr ausdrücken als der Schwanz. Auch Menschen können die Körpersprache von Wolf und Hund lernen. Wenn man versteht, was wir oder Hunde uns mitteilen, kann man sehr viel Interessantes über unser Verhalten erfahren.
Bei der Körpersprache hat die Haltung und die Bewegung jedes Körperteils eine bestimmte Bedeutung. Nach vorne gerichtete Ohren bedeuten aufmerksame Selbstsicherheit, nach hinten gelegte Ohren Unsicherheit. Wenn die Ohrmuscheln dann auch noch ganz nach unten gezogen wird, drückt der Wolf (oder der Hund) damit Unterwürfigkeit aus.
Die Gesichtsmimik ist besonders ausdrucksstark. Angriff ist angesagt, wenn ich beginne, die vorderen Zähne zu blecken. Ziehe ich aber die Mundwinkel nach hinten, so dass man alle Zähne sieht, deutet dies auf zunehmende Ängstlichkeit hin. Wird dann das Maul aufgerissen und werden die Zähne voll gebleckt, ist das ein Zeichen für höchste Verteidigungsbereitschaft.
Eingeknickte Beine, ein gesenkter Kopf und ein eingeklemmter Schwanz zeigen Angst an. Steifbeiniges Herumstolzieren mit hoch aufgestellten Schwanz und gesträubten Rückenhaaren bedeuten, dass ich Ängstlich bin, aber gleichzeitig angriffsbereit. Ich gebe an, mache mich größer, als ich wirklich ist, spiele den Mutigen. In Wirklichkeit aber habe ich dann Angst.
Umgekehrt zeugen lockere Bewegungen von Sicherheit und Vertrauen. Wenn ich freundlich gestimmt bin, wedele ich ausgelassen mit dem Schwanz. Auch ich knicke die Beine etwas ein und senkte den Kopf, hebe dann aber, wenn ich bei meiner Fehe bin, die Schnauze nach oben und versuche ihr das Gesicht zu lecken. Manchmal rolle ich mich dabei auf den Rücken und zeige so meine Unterwürfigkeit, vor allem, wenn ich meine Hinterbeine dabei spreize. Oder ich mache ruckartige Bewegungen mit dem ganzen Körper, springe herum und den anderen auch mal an. Das ist ein Zeichen für Spielfreude und ausgelassene Freundlichkeit.
Die sechs bekannten Grundlautäußerungen sind: Winseln, Wuff-, Knurr-, Schrei- und Heullaute sowie Laute, die mit Hilfe anderer Körperteile erzeugt werden.
Das Winseln ist der häufigste Laut bei uns Wölfen, es wird bei Unruhe, Unzufriedenheit, Angst, leichte Erregung oder sexuelle Bereitschaft genommen.
Das einsilbige Wuffen ist ein Warnlaut. Es steigert sich zum Bellen, das bedeutet dann große Erregung, oder als Hilferuf zum Rudel. Wir bellen allerdings ganz selten - im Gegensatz zu unseren Verwandten, den Hunden. Hunde bellen andauernd. Allerdings können Wölfe, die zusammen mit Hunden aufgewachsen sind, durchaus häufiger Bellen und weit weniger Heulen als ihre wilden Vorfahren.
Das Knurren ist ein Drohlaut. Bei zunehmender Drohung werden immer mehr Laute dazugemischt; sodass Knurren in ein Schreien übergeht bis zum Zähneklappern (das höchste) führen kann. Das Knurren ist häufig bei der Futteraufnahme und den dabei vorkommenden Streitereien zu hören. Es dient der Selbstbehauptung innerhalb unserer Gemeinschaft. Unsere Welpen nutzen es aber auch beim Spielen. Sie knurren, wenn sie an der Halskrause eines liegenden Familienmitgliedes zerren, und kleine freche versuchen sogar manchmal, mit ihrem Knurren einem erwachsenen Wolf wie mir das Fressen streitig zu machen...
Der für den Menschen im Zusammenhang mit uns Wölfen wohl typischste Laut ist allerdings das Heulen. Wenn mehrere von uns Wölfen heulen, harmonisiert es den Klang, so dass der Eindruck erweckt wird, als ob viel mehr Wölfe am Geheul teilnehmen, wie es wirklich sind. Über diese Kommunikationsfunktion im Rudel ist viel spekuliert worden. Doch heute glaubt man die Bedeutung dieses schaurigen Gesangs zu wissen. Wir Wölfe wollen durch Heulen mit über weite Strecken auseinander gezogene Rudelmitgliedern kommunizieren. Wir wollen wissen, ob die anderen noch da sind und ein Signal über den eigenen Standpunkt geben. Auch Gefühle und Stimmung können in der Art des Heulens ausgedrückt werden: Freude, Trauer, Stolz oder Erfolg.
Wir heulen auch vor der Jagd, damit alle Wölfe bei der Jagd zusammenhalten. Mit dem Heulen sagen wir, wo wir sind, und fragen nach, wo unsere “Nachbarn” sind. Wenn wir nach einzelnen Weggefährten suchen, heulen wir nach ihnen. Es stimmt aber überhaupt nicht, dass wir den Mond anheulen oder bei Vollmond mehr heulen als sonst. Wir können uns bis zu 15 km verständigen und unseren Sachpunkt “durchgeben”.
Das Aufschlagen der Füße beim “Überfallgalopp” reißt das gesamte Rudel zum Angriff mit, und das Knacken von Knochen und das Schmalzen des Rudels nach erfolgreicher Jagd ruft unsere Welpen zum Fressen.
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