Wie funktioniert die Rangordnung bei uns?
Wir Wölfe sind ja bekanntlich Rudeltiere, denn das Rudel bietet Versorgung, Sicherheit und die lebenswichtigen sozialen Kontakte. Jeder von uns nimmt im Rudel eine andere Position und Rangstellung ein, die von seiner Persönlichkeit abhängig ist. Es gibt schüchterne Wölfe, hinterhältige, undurchschaubare. Im Rudel, dem Jagd- und Familienverband beim Wolf, stehe an erster Stelle ich, der Leitwolf, der Alpha-Rüde oder auch mein Alpha-Weibchen. Wir haben uns diesen Rang erkämpft. Ich, der Leitwolf, bin der wesentliche Entscheidungsträger im Rudel, der erfahrene Anleiter, der Aufpasser und Beschützer, der freundlich - tolerante Mittelpunkt des Rudels. Zu mir gehört mein Alpha-Weibchen, das ranghöchste Weibchen im Rudel. Nur es bekommt normalerweise Junge und versucht zu verhindern, dass andere Weibchen im Rudel ebenso werfen. Da die Alpha-Wölfin keine anderen geschlechtsreifen Tiere neben sich duldet, gibt es meist nur junge Weibchen unter ihr. Wir Rüden hingegen sind untereinander verträglicher. So kommt es häufig vor, dass unter mir weitere geschlechtsreife Rüden stehen, die sich an den gemeinsamen Jagden und der Aufzucht der Welpen beteiligen. Nach den erwachsenen Tieren folgen die Jungtiere, sie sind ein- oder zweijährig und noch nicht geschlechtsreif. Häufig haben sie untereinander einen ähnlichen “Klein-Alpha-Rüden” und ein “Klein-Alpha-Weibchen”. Ganz unten außerhalb stehen die Welpen.
Unsere Rangordnung ist allein an unserer Körpersprache zu erkennen. Ich als ranghöchstes Tier habe es allerdings nicht nötig, meine Stellung ständig zu demonstrieren. Ich laufe locker umher. Nur der erhoben gehaltene Schwanz verrät meinen Anspruch auf die höchste Stellung im Rudel. Je rangniedriger ein Wolf ist, desto mehr senkt er den Schwanz und knickt die Beine ein, wenn ihm ein Ranghöherer begegnet. Dies gilt jedoch nur für erwachsene Tiere untereinander. Welpen können sich viel freier bewegen. Nur müssen sie dabei ihre Kindlichkeit durch verspieltes Verhalten deutlich genug zum Ausdruck bringen. Tun sie es nicht, bekommen sie im Rudel schnell einen “Rüffel”. Ein älterer Wolf droht oder beißt dem Welpen dann über die Schnauze.
Doch eines Tages werde auch ich, der stärkste (Alpha-) Wolf schwach. Mein Gegner erkennt seine Chance und im Ernstfall wird hemmungslos gebissen. Häufig greifen dabei auch andere Tiere mit ein, nicht zuletzt meine Alpha-Wölfin. Doch nicht mir kommt sie zur Hilfe, sondern dem Gegner. Kann ich als Alter nicht flüchten, werde ich totgebissen. Dieses Verhalten mag grausam erscheinen, doch aus der Sicht der Alpha-Wölfin ist mit einem immer schwächer werdenden Alpha-Rüden niemand gedient. Sie braucht für sich und ihre Welpen einen starken Partner. Eines Tages wird es ihr selbst so ergehen. Die Natur kennt kein Mitleid.
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